Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Der Begriff „Extremismus“ legt eine distanzierte Haltung gegenüber den damit gekennzeichneten Praktiken nahe. „Extrem“ erscheinen dabei immer die anderen, die scheinbar klar von einem selbst abgegrenzt werden können. Die Kennzeichnung dient einem unbeschädigten Selbstbild. Wenn nationalistische und rassistische Denkweisen und Strukturen unter dem Gesichtspunkt „rechtsextrem“ betrachtet werden, kommt es kaum zu einer Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus und normalisierten institutionellen Diskriminierungen.

Dieser distanzierende Gebrauch des Extremismusbegriffs wird in der „Extremismusklausel“ zu einem

Instrument der Kontrolle und zwanghaften Selbstverpflichtung und vertieft nur die Reflexionslosigkeit im Umgang mit den als „extremistisch“ gekennzeichneten Phänomenen. Da den im Feld der Bekämpfung von Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus Engagierten nicht ernsthaft unterstellt werden kann, zu rechtsextremen Ansichten zu neigen, wird implizit und unausgesprochen eine potenziell linksextreme Gesinnung attestiert. Die Klausel ist von einem Ressentiment gegenüber gesellschaftskritisch orientierten Gruppierungen getragen. Anstatt die Kritik zu befördern, die auf eine Verbesserung und Weiterentwicklung von Demokratie zielt, wird eine grundsätzliche Staatsfeindschaft vermutet. Die staatlichen Akteure erweisen sich dabei als unkritisch gegenüber den in der Mitte der Gesellschaft vorhandenen Vorstellungen von Ungleichwertigkeit. Zudem stellen sie genau diejenigen unter Verdacht, die eine kritische und selbstkritische Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Populismus anregen.

Astrid Messerschmidt behandelt die Thematik aus pädagogischer Perspektive außerdem in folgenden Arbeiten:

· Messerschmidt, Astrid: Antiglobal oder postkolonial? Globalisierungskritik, antisemitische Welterklärungen und der Versuch, sich in Widersprüchen zu bewegen. In: Loewy, H. (Hrsg.), Gerüchte über die Juden. Antisemitismus, Philosemitismus und aktuelle Verschwörungstheorien. Essen 2005.

· Messerschmidt, Astrid: Antirassistische Bildungsarbeit zwischen Entnormalisierung und Rassismuskritik. In: Bundschuh, S./Jagusch, B./Mai, H. (Hrsg.), Holzwege, Umwege, Auswege. Perspektiven auf Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit, Düsseldorf 2008.

· Messerschmidt, Astrid: Distanzierungsmuster. Vier Praktiken im Umgang mit Rassismus. In: Broden, A./Mecheril, P. (Hrsg.), Rassismus bildet. Bildungswissenschaftliche Beiträge zur Normalisierung und Subjektivierung in der Migrationsgesellschaft, Bielefeld 2010.


 

 

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