Geteiltes Echo in Sachen Extremismusklausel: „Abschaffung“ oder „neue Verpackung“?

Während Initiativen wie das Netzwerk für Demokratie & Courage (NDC) oder die Amadeu Antonio Stitung von einer „Abschaffung der Demokratieerklärung“ sprechen, waren auch kritische Stimmen zu vernehmen.

Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, kommentierte die angekündigte Streichung der Klausel durch Bundesfamilienministerin Manuel Schwesig folgendermaßen: „Ich begrüße die Streichung der Extremismusklausel ausdrücklich. Damit hat das generelle Misstrauen gegenüber den Demokratieprojekten endlich ein Ende. Die langwierige Auseinandersetzung um die Klausel war überflüssig und hat für Verunsicherung gesorgt. Nachdem das Innenministerium so lange an der Klausel festgehalten hat, ist der Weg wieder frei für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

Auch das Netzwerk für Demokratie & Courage folgt dieser Einschätzung. Andreas Stäbe, Bundesgeschäftsführer des NDC: Wir begrüßen die Entscheidung von Frau Schwesig und Herrn de Maizière und freuen uns über das wiederkehrende Vertrauen und die Anerkennung der Bundesregierung in die Arbeit der Verbände und Vereine, die sich seit vielen Jahren für den Auf- und den Ausbau der Demokratie engagieren.“ Stäbe verwies in der Presserklärung zudem darauf, dass die Einführung der „Demokratieerklärung“ durch die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) zu einer Schwächung der Bündnisse und Koalitionen im Kampf gegen Neonazismus und menschenverachtende Ideologien geführt habe. Menschenverachtende Einstellungen und diskriminierendes Handeln sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Das Engagement für eine offene, demokratische Gesellschaft betrifft alle und muss als gesamtgesellschaftliche Aufgaben gesehen werden. Eine Spaltung der AkteurInnen in „gute“ und „schlechte“ DemokratInnen ist weder hilfreich noch zielführend“, so Stäbe weiter.1

Monika Lazar (MdB), Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus für Bündnis90/ Die Grünen, bezeichnete die Vorhaben von Schwesig und de Maizière dagegen als „altes Misstrauen in neuer Verpackung“2. Mit der Ankündigung eines Begleitschreibens, in dem geregelt werden solle, „dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen“3, habe „die Verdachtskultur gegen die Zivilgesellschaft eine neue Form erhalten.“ Lazar weiter: „Was bisher als ‚Extremismusklausel‘ Initiativen zur Gesinnungsschnüffelei nötigte, nennt sich nun ‚Begleitschreiben‘. Als solches ist es bindender Bestandteil des Zuwendungsbescheids und stellt auch in Zukunft Kriterien auf, die einem ‚Gesinnungstest‘ gleichkommen. Auch wenn die geförderten Träger selbst keine Klausel mehr unterzeichnen müssen, was sicher ein Teilerfolg des zivilgesellschaftlichen Engagements und für die Initiativen eine Erleichterung ist, bleiben sie dennoch weiterhin mit denselben Anforderungen konfrontiert. Bei genauem Hinsehen wird klar: Auch nach ihrer ‚Abschaffung‘ lebt der Geist der Klausel weiter.

Tatsächlich bewerten auch SPD und CDU die Vorgehensweise recht unterschiedlich. Während SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi von einem faktischen Aus für die Klausel sprach, erklärten die zuständigen Experten der Unionsbundestagsfraktion, die Klausel bleibe „in der Substanz“ erhalten. Markus Weinberg und Martin Patzelt betonten, dass das zentrale Anliegen von CDU und CSU damit „weiterhin uneingeschränkt erfüllt“ werde.

Für Patrick Gensing (Publiktive.org) besteht das Problem solange weiter, wie der Verfassungsschutz weiterhin den Diskurs um Demokratie und Extremismus dominiere und Initiativen gegen Rechts für “extremistisch” erkläre. Gensing verwies auf Meldungen, wonach der Inlansgeheimdienst auch „angesehene Fachjournalisten und prämierte Rechercheprojekte“ (wie a.i.d.a. München) beobachte und an der Arbeit hindere, weil sie angeblich “linksextremistisch” seien.4

Die Plattform Extrem Demokratisch wird die Entwicklung weiterhin kritisch begleiten und sich – im Sinne von Gensing – weiterhin gegen jeden Extremismusbegriff wenden.

3) http://www.tagesschau.de/inland/extremismusklausel110.html

4) http://www.publikative.org/2014/01/31/demokratieerklaerung-statt-extremismusklausel/

 

 


 

 

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